Tod, Leben, Erinnerungen
Durch ein Posting in einem Forum, in dem es darum ging, dass eine Userin Quietschgeräusche im Ohr hat, aber vom Arzt aus nix feststellbar sei, fiel mir eine Sache ein, die ich hatte, wie ich ungefähr 19 war.
Das Lustige an so Erinnerungen ist, dass sie eine ganze Kette von erinnerten Ereignissen nach sich ziehen und da einen Teil der eigenen Vergangenheit hochholen, an den man schon lange nicht mehr gedacht hat.
Mich beunruhigte nämlich mit 19 ein ständig wiederkehrendes Pfeifen beim Atmen. Besonders im Ruhezustand, also wenn ich lag, pfiff ich beim Atmen regelrecht Melodien. *ggg*
Zu dem Zeitpunkt rauchte ich schon seit 2 Jahren - damals brauchte ich für eine Schachtel mit 20 Zigaretten ca. 14 Tage - und da meine Großmutter schwer gegens Rauchen war und immer schimpfte, befürchtete ich die frühe Strafe in Form eines Lungenschadens.
Natürlich erzählte ich niemanden davon, sondern fürchtete mich still vor mich hin.
Da das Ganze über mehrere Monate lief, in denen ich stillschweigend Ängste kultivierte - mit Rauchen aber weiter machte - kulminierte das Ganze irgendwann in einen literarisch-poetischen Ausbruch.
Ich schrieb ein Gedicht.
Ein Gedicht darüber, wie ich im Bett liege, mein Lünglein vor sich hin pfeift und ich, in den letzten Atemzügen liegend, Besuch erhalte vom Tod himself.
Stimmungsvoll in einer Hütte mit Kaminfeuer, einem leckeren Heißgetränk unterhielten sich der Tod und ich übers Leben und Sterben.
Darüber, dass er immer in meiner Nähe sei und wir derartige Gespräche schon öfters geführt hätten, in diesem und auch in anderen Leben.
Und das in diesem Leben noch nicht die Zeit da sei, dass ich ihn begleiten würde.
Ich kann mich jetzt nicht erinnern, ob das Lungenpfeifen direkt danach aufgehört hat bzw. wie lange es noch dauerte - jedoch nicht sehr lange.
Mich hatte das Rauslassen dieses Textes jedoch sehr erleichtert.
Leider gabs in meinem Umfeld niemanden, dem ich ihn hätte zeigen können, das war erst, als eigentlich recht kuzr darauf die Schwester meiner Großmutter für mehrere Wochen zu Besuch kam.
Tante L. war für sowas eher aufgeschloßener und eines Abends, als wir am Dachboden, wo das Gästebett wohnlich aufgebaut war eine Abendzigarette rauchten und über alles mögliche sprachen, las ich ihr den - mehrseitigen - Text vor.
Tante L. schien extrem beeindruckt. Und fing auf einmal etwas zu erzählen an, dass sie wohl vorher niemanden erzählt hatte.
Sie hatte ja Jahre vorher eine Kehlkopfoperation wegen Krebs gehabt. Langwierige Nachbehandlungen, etc.
Tja, und nun erzählte sie mir, dass sie denke, dieser Krebs wäre eine Strafe Gottes, weil sie im Krieg einen Schwur geleistet hätte, den sie nie erfüllt habe.
Während sie mir jetzt die Story erzählte, wie sie mit ihren zwei kleinen Kindern bei einem Bombenangriff verschütt gegangen war, kam ich mir immer mehr so vor, als würde ich neben mir stehen. Fühlte mich so, als würde eine andere Präsenz in mir "erstehen" oder auch in mich eindringen.
Tante L. erzählte, dass sie, die sie ja als evangelische einen katholischen Mann geheiratet hatte, im verschütteten Keller geschworen hatte, würden sie und ihre beiden Kinder da gerettet werden, dann würde sie katholisch werden und damit den Wünschen ihres Mannes und dessen Familie nachkommen.
Nun - die drei wurden ausgegraben und gerettet. Sie ist allerdings nie katholisch geworden, hat ergo den Schwur nicht eingehalten und erzählte mir nun, sie denke, das ihr Krebs eben die Strafe dafür sei.
Und dann fing ich(?) an zu sprechen. Erzählte ihr was über Götter und Gott und das diese wohl keine Strichlisten führen würden, wer jetzt von wo nach da wechseln würde, sondern eher generell - wenn es sie schon interessiert - auf das geführte Leben sehen würden und noch vieles mehr.
Für mich fühlte sich das irgendwie ganz weit weg an. Körperlich kam ich mir sehr groß vor - daran erinnere ich mich besonders deutlich - und so genau wußte ich eigentlich nicht, was da aus meinem Mund kam. Mir war nicht klar, wie der nächste Satz lauten würde, hatte keinerlei persönlichen Bezug zu dem, was ich sprach und dachte nur die ganze Zeit, dass dies doch sehr merkwürdig sei.
Irgendwann war diese Phase vorbei. Ich kam mir normal groß vor, etwas verwirrt und wunderte mich über den Blick, mit dem mich Tante L. ansah.
Nach einer kurzen Stille sagte Tante L. "Lucia, bist du das wieder?"
Die Frage fand ich natürlich - ich war 19! - ziemlich bescheuert. *ggg*
Tante L. jedoch behauptete dann, dass vor ihr jemand gestanden sei, den sie nicht gekannt hätte ... mein Gesicht hätte sich verändert, wäre völlig fremd geworden, ebenso meine Stimme. Der ganze Eindruck wäre ein größerer gewesen und es schien ihr, als wäre ich sogar körperlich größer geworden ... ja, und die Inhalte dieser "Gardinenpredigt" die sie da erhalten hatte, waren sogar mehr, als wie ich sie mitbekommen hatte. Und hatten direkten Bezug auch zu Teilen ihres Lebens, von denen ich gar nichts wußte.
Und das Allerwichtigste - sie fühlte sich, als wäre alle Schuld von ihr genommen.
Rückblickend sage ich heute, dass dies wohl eine Besetzung war, in der Form, wie ich zum Teil auch heute schamanisiere.
Ist auch die erste bewußte Erinnerung, dies zu "machen".
Das ist mir jetzt alles wegen einem Posting eingefallen ... achja, den Text mit dem Gespräch mit Tod, den habe ich heute leider nicht mehr. Der ist im Zuge von vielen Umzügen irgendwann Verlust gegangen.
Und meine Lunge hatte natürlich nix, weil Jahre später bei einer Untersuchung - wo ich also schon noch viel länger und mehr geraucht hatte - meine Lunge frisch wie von einem Neugeborenen war.
Das Lustige an so Erinnerungen ist, dass sie eine ganze Kette von erinnerten Ereignissen nach sich ziehen und da einen Teil der eigenen Vergangenheit hochholen, an den man schon lange nicht mehr gedacht hat.
Mich beunruhigte nämlich mit 19 ein ständig wiederkehrendes Pfeifen beim Atmen. Besonders im Ruhezustand, also wenn ich lag, pfiff ich beim Atmen regelrecht Melodien. *ggg*
Zu dem Zeitpunkt rauchte ich schon seit 2 Jahren - damals brauchte ich für eine Schachtel mit 20 Zigaretten ca. 14 Tage - und da meine Großmutter schwer gegens Rauchen war und immer schimpfte, befürchtete ich die frühe Strafe in Form eines Lungenschadens.
Natürlich erzählte ich niemanden davon, sondern fürchtete mich still vor mich hin.
Da das Ganze über mehrere Monate lief, in denen ich stillschweigend Ängste kultivierte - mit Rauchen aber weiter machte - kulminierte das Ganze irgendwann in einen literarisch-poetischen Ausbruch.
Ich schrieb ein Gedicht.
Ein Gedicht darüber, wie ich im Bett liege, mein Lünglein vor sich hin pfeift und ich, in den letzten Atemzügen liegend, Besuch erhalte vom Tod himself.
Stimmungsvoll in einer Hütte mit Kaminfeuer, einem leckeren Heißgetränk unterhielten sich der Tod und ich übers Leben und Sterben.
Darüber, dass er immer in meiner Nähe sei und wir derartige Gespräche schon öfters geführt hätten, in diesem und auch in anderen Leben.
Und das in diesem Leben noch nicht die Zeit da sei, dass ich ihn begleiten würde.
Ich kann mich jetzt nicht erinnern, ob das Lungenpfeifen direkt danach aufgehört hat bzw. wie lange es noch dauerte - jedoch nicht sehr lange.
Mich hatte das Rauslassen dieses Textes jedoch sehr erleichtert.
Leider gabs in meinem Umfeld niemanden, dem ich ihn hätte zeigen können, das war erst, als eigentlich recht kuzr darauf die Schwester meiner Großmutter für mehrere Wochen zu Besuch kam.
Tante L. war für sowas eher aufgeschloßener und eines Abends, als wir am Dachboden, wo das Gästebett wohnlich aufgebaut war eine Abendzigarette rauchten und über alles mögliche sprachen, las ich ihr den - mehrseitigen - Text vor.
Tante L. schien extrem beeindruckt. Und fing auf einmal etwas zu erzählen an, dass sie wohl vorher niemanden erzählt hatte.
Sie hatte ja Jahre vorher eine Kehlkopfoperation wegen Krebs gehabt. Langwierige Nachbehandlungen, etc.
Tja, und nun erzählte sie mir, dass sie denke, dieser Krebs wäre eine Strafe Gottes, weil sie im Krieg einen Schwur geleistet hätte, den sie nie erfüllt habe.
Während sie mir jetzt die Story erzählte, wie sie mit ihren zwei kleinen Kindern bei einem Bombenangriff verschütt gegangen war, kam ich mir immer mehr so vor, als würde ich neben mir stehen. Fühlte mich so, als würde eine andere Präsenz in mir "erstehen" oder auch in mich eindringen.
Tante L. erzählte, dass sie, die sie ja als evangelische einen katholischen Mann geheiratet hatte, im verschütteten Keller geschworen hatte, würden sie und ihre beiden Kinder da gerettet werden, dann würde sie katholisch werden und damit den Wünschen ihres Mannes und dessen Familie nachkommen.
Nun - die drei wurden ausgegraben und gerettet. Sie ist allerdings nie katholisch geworden, hat ergo den Schwur nicht eingehalten und erzählte mir nun, sie denke, das ihr Krebs eben die Strafe dafür sei.
Und dann fing ich(?) an zu sprechen. Erzählte ihr was über Götter und Gott und das diese wohl keine Strichlisten führen würden, wer jetzt von wo nach da wechseln würde, sondern eher generell - wenn es sie schon interessiert - auf das geführte Leben sehen würden und noch vieles mehr.
Für mich fühlte sich das irgendwie ganz weit weg an. Körperlich kam ich mir sehr groß vor - daran erinnere ich mich besonders deutlich - und so genau wußte ich eigentlich nicht, was da aus meinem Mund kam. Mir war nicht klar, wie der nächste Satz lauten würde, hatte keinerlei persönlichen Bezug zu dem, was ich sprach und dachte nur die ganze Zeit, dass dies doch sehr merkwürdig sei.
Irgendwann war diese Phase vorbei. Ich kam mir normal groß vor, etwas verwirrt und wunderte mich über den Blick, mit dem mich Tante L. ansah.
Nach einer kurzen Stille sagte Tante L. "Lucia, bist du das wieder?"
Die Frage fand ich natürlich - ich war 19! - ziemlich bescheuert. *ggg*
Tante L. jedoch behauptete dann, dass vor ihr jemand gestanden sei, den sie nicht gekannt hätte ... mein Gesicht hätte sich verändert, wäre völlig fremd geworden, ebenso meine Stimme. Der ganze Eindruck wäre ein größerer gewesen und es schien ihr, als wäre ich sogar körperlich größer geworden ... ja, und die Inhalte dieser "Gardinenpredigt" die sie da erhalten hatte, waren sogar mehr, als wie ich sie mitbekommen hatte. Und hatten direkten Bezug auch zu Teilen ihres Lebens, von denen ich gar nichts wußte.
Und das Allerwichtigste - sie fühlte sich, als wäre alle Schuld von ihr genommen.
Rückblickend sage ich heute, dass dies wohl eine Besetzung war, in der Form, wie ich zum Teil auch heute schamanisiere.
Ist auch die erste bewußte Erinnerung, dies zu "machen".
Das ist mir jetzt alles wegen einem Posting eingefallen ... achja, den Text mit dem Gespräch mit Tod, den habe ich heute leider nicht mehr. Der ist im Zuge von vielen Umzügen irgendwann Verlust gegangen.
Und meine Lunge hatte natürlich nix, weil Jahre später bei einer Untersuchung - wo ich also schon noch viel länger und mehr geraucht hatte - meine Lunge frisch wie von einem Neugeborenen war.
LuciaS - 24. Apr, 11:49